Die Heterogenität spiegelt sich in Geschäftsmodellen, aber auch der technologischen Durchdringung wider. Sie spiegelt sich aber auch in der Offenheit wider, mit der technologischen Themen begegnet wird. Und selbst in den einzelnen Sparten bewegen sich Unternehmen, die von der Produktentwicklung über die Arbeits-Prozesse bis hin zur Distribution durchorganisiert und hochtechnisiert sind – und andere, die dem guten alten Fax nachtrauern (gut, diese Technologie hat sich auch seit 1864 gehalten, dies muss auch gewürdigt werden).
Nun hat sich im Jahr Zweitausendzweiundzwanzig der Börsenverein des deutschen Buchhandels aufgemacht, eine „Taskforce IT-Standards“ zu etablieren: „Die Taskforce IT-Standards soll unter dem Dach des Börsenvereins … an dieser Stelle Unterstützung bieten. Sie soll … einheitliche Geschäftsprozesse modellieren und auf deren Basis Anforderungen an IT-Systeme in Form von ‚Epics‘ und ‚User Stories‘ formulieren. Damit schafft sie eine Basis, auf der Buchhandlungen und Verlage bei ihren Softwareeinführungsprojekten aufsetzen und somit schneller zum Ziel gelangen können.“ (https://www.boersenblatt.net/news/boersenverein/warum-braucht-die-branche-eine-taskforce-it-standards-herr-schwab-243461)
Einige der Initiatoren sind durchaus hochgeschätzte Kollegen und Kolleginnen, mit hervorragendem technischen Sachverstand – unbestritten. Allein, es knirscht an vielen Punkten. Erstens: Ist ein Verband, der viele unterschiedlich orientierte Mitgliedsbetriebe unter einem Dach vereint (inklusive dem Zwischen- und Buchhandel, ein Kuriosum der deutschen Verbandslandschaft) überhaupt dazu in der Lage, hier Allgemeinverbindliches zu formulieren? Zweitens: Standards – welche Standards? Diese existieren für alle Bereiche des Publizierens, teilweise seit vielen Jahrzehnten. Es gibt Standards sowohl für Druck- als auch Digitalprodukte – und zwar für die Produkte selbst als auch produktbeschreibende Standards. Dasselbe gilt für ERP-, CRM-, Marketing-Bereiche bis hin zur digitalen Kollaboration zwischen firmeninternen als auch externen Bereichen. Drittens: Das Problem sind nicht Standards oder zu beschreibende “Epics” oder “User Stories” – letztere werden in jeder Ausschreibung schon lange von den Dienstleistern angefordert. Oder, kurz formuliert: Nein, die Buchbranche braucht keine Standards. Die Unternehmen müssen sich schlicht konsequent an diese halten und diese einsetzen. Das eigentliche Problem liegt oft im Willen und Wollen. Und in den verfügbaren Budgets. Aber das ist eine andere Geschichte (und kann auch nicht in einer Taskforce oder einem aktivistischen Verband gelöst werden).
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre,
Steffen Meier
Herausgeber
DIGITAL PUBLISHING REPORT