Heiliger Gral oder Büchse der Pandora? –  Editorial #1-2/2023

KI-Tools sind ja wirklich keine echte Neuigkeit mehr – man könnte aber meinen, OpenAI hätte mit ChatGPT der Welt den heiligen Gral überreicht. Oder die Büchse der Pandora – je nach Weltsicht.

Kritik gab es jedenfalls schon reichlich, und durchaus berechtigt. So schreibt Kollege Johannes Klingebiel trocken: „GPT won‘t safe you from writing bad arguments or badly structured articles. Yes, you can generate whole articles through the interface but only if you want to arrive at the same SEO-mush as everyone else.“ Die Wissenschaftswelt ist alarmiert durch die Frage, ob ChatGPT als Autor wissenschaftlicher Beiträge durchgeht oder nicht (angeführt von „Nature“ sind die meisten der Meinung: Nein!). Und GettyImages verklagt gleich mal die Schöpfer der Bildgenerierungs-KI Stable Diffusion, die ersten Abgründe zukünftigen Urheberrechts tun sich hier auf. 

Auch in der Musik herrscht Aufregung: So hat der Musiker Nick Cave mit heftiger Ablehnung auf einen von einem Fan mittels ChatGPT erzeugten Songtext reagiert und spricht von „Verhöhnung des Menschseins“ und einer drohenden Apokalypse.

Am Ende geht es um die Grundfrage, wie kreativ KI wirklich ist. Und wie kreativ Mensch ist. Und was Eigenständigkeit, Originalität und Kreativität eigentlich ausmacht. Bei Licht betrachtet ist jedwede KI noch einiges davon entfernt, was Mansch kann. Andererseits muss man aber auch sagen: manches, was Mensch produziert, erreicht mitunter nicht einmal KI-Qualität. 

Was Mensch übrigens gar nicht mag: wenn ihm oder ihr von künstlicher Intelligenz erzeugte Texte als vermeintlich redaktioneller Beitrag untergejubelt werden. Es gibt deswegen nicht nur erste Tools, um dies überprüfen zu können, es gab auch einen ordentlichen Aufschrei, als CNET, ein amerikanisches Portral für Technologie und Unterhaltungselektronik, kleinlaut eingestand, schon seit November letzten Jahres KI-Texte veröffentlicht zu haben, allerdings ohne diese entsprechend zu kennzeichnen. Aufgefallen ist das einigen Leser:innen vor allem wegen der fehlerhaften Inhalte.

Wir in der Redaktion des DIGITAL PUBLISHING REPORT sind hier etwas altmodisch und der Transparenz verpflichtet. Will heißen: Natürlich experimentieren auch wir mit KI-Texten, vermutlich als Ergänzung zukünftig immer mehr. Aber im Sinne der Transparenz kennzeichnen wir alle generierten Texte, Sie können diese an der Kennzeichnung mit dem Roboter-Icon leicht erkennen.

Jedenfalls gerät gerade reichlich Dynamik in den Diskurs, was ja auch sein Gutes hat. Dem können und wollen natürlich auch wir uns nicht verwehren (aber immer mit dem Versuch der Neutralität in der Diskussion), weswegen Sie in dieser Ausgabe Beiträge zum Thema ChatGPT von verschiedenen Autor:innen unter verschiedenen Blickwinkeln in einem ausführlichen Schwerpunkt zur Lektüre bekommen.

Wir werden den Bereich nicht nur weiter aufmerksam beobachten, sondern auch neue Entwicklungen zukünftig hier vorstellen. Ob durch unsere Autor:innen oder eine KI – das wird sich zeigen.

Bleiben Sie neugierig!

Steffen Meier
DIGITAL PUBLISHING REPORT

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