„KI Fatigue bezeichnet eine wachsende Müdigkeit und Überdruss gegenüber dem Thema Künstliche Intelligenz. Menschen sind erschöpft von der endlosen Flut an KI-News, Produktankündigungen und Hype-Zyklen, bei denen täglich neue „revolutionäre“ Tools angepriesen werden. Nach anfänglicher Begeisterung folgt oft Ernüchterung, da viele KI-Anwendungen die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen und praktische Limitationen offenbaren. KI Fatigue kann problematisch werden, da sie dazu führt, dass wirklich nützliche KI-Innovationen übersehen werden – ein „Wolf, Wolf“-Effekt nach zu viel Hype um weniger relevante Entwicklungen“.
Das sagt jedenfalls claude.ai zum Thema – wir wollten wissen, wie es mit dem Thema in unserer Community aussieht. Wir haben gefragt, über 500 Kolleg:innen aus der Medienbranche haben an der Umfrage teilgenommen. Und das Ergebnis ist, vorsichtig formuliert, ambivalent: 49 % fanden die derzeitige Berichterstattung und Informationen in Ordnung, 41 % waren aber deutlich überfordert.

In den sehr zahlreichen Kommentaren der Umfrageteilnehmer:innen zeigt sich ein differenziertes Bild zur KI-Fatigue in der Verlagsbranche. Ein zentrales Paradox kristallisiert sich klar heraus: Obwohl viele das Thema als unvermeidlich wichtig anerkennen, führt die schiere Informationsflut zu Ermüdungserscheinungen.
Zwischen Relevanz und Überforderung
Die meisten Befragten sehen KI als fundamentale Technologie, die jeden digitalen Bereich betrifft und nicht ignoriert werden kann. Dennoch beklagen viele die tägliche „endlose Flut an Nachrichten“ zum Thema. Unternehmen reagieren bereits mit gezieltem Informationsmanagement, indem sie Expert:innen als Filter einsetzen, anstatt alle Mitarbeiter:innen gleichzeitig News konsumieren zu lassen. Ältere Branchenteilnehmer artikulieren offen ihre Erschöpfung mit dem Gedanken „das will ich mir nicht mehr antun“, bleiben aber aus Verantwortungsgefühl am Thema dran.
Kritik an Hype und Berichterstattung
Viele Kommentator:innen zeigen sich skeptisch gegenüber dem aktuellen Hype, wobei Vergleiche mit Crypto und NFTs als „nächste virtuelle Sau durchs Dorf“ gezogen werden. Besonders kritisiert wird die Berichterstattung in Publikumsmedien, wo KI wahlweise als „Allerweltsheilmittel“ oder „Angstmacher-Thema“ dargestellt wird, während sich „Laien und Pseudo-Experten die Finger wund schreiben“. Die Stimmung in den Medien kippt merklich von Euphorie zu dystopischen Warnungen, ausgelöst durch konkrete Entwicklungen wie Googles AI Overviews, die in Verlagskreisen „regelrechte Trauerreden“ auslösten.
Branchenspezifische Sorgen
Publisher sehen sich mit existenziellen Herausforderungen konfrontiert, wobei viele Verlage „noch nicht einmal sehen, was da auf sie zurollt“. Problematisch wird die Nutzung urheberrechtlich geschützten Materials beim Training der Modelle gesehen, sowie die für Nutzer:innen unvermeidbare Integration in Software. Gleichzeitig herrscht der Eindruck vor, dass KI in der Buchbranche bisher „wenig wirklich intelligente Lösungen“ hervorgebracht hat, während der Druck steigt: „Es ist nicht mehr die Frage ob wir KI einsetzen, sondern wie wir das schnellstens einsetzen.“
Pragmatische Ansätze und Zukunftsperspektiven
Trotz aller Kritik setzen sich praktische Ansätze durch. Viele bevorzugen statt Informationen über oberflächliche Tool-Tests und „betreutes Prompting“ eher eine fundierte Auseinandersetzung mit Grundlagen wie RAG und eigenes Scripting. Im Bildungsbereich wird besonders die rechtssichere und gewinnbringende Anwendung als essentiell gesehen. Die Erkenntnis setzt sich durch, dass KI „kein Ersatz für unser eigenes Tool zwischen den Ohren“ ist, auch wenn sie die Arbeit grundlegend verändert.
Das Fazit der Branche scheint ambivalent: KI wird als unvermeidliche Realität akzeptiert, aber mit wachsender Skepsis gegenüber überzogenen Versprechungen und dem Wunsch nach qualitativ hochwertiger, praxisrelevanter Information statt reiner Hype-Berichterstattung.
Ein Auszug der Kommentare
„Denken Sie jetzt nicht an einen rosa Elefanten …“ Ich finde, das erklärt es ganz gut: Man kann nicht über nützliche KI-Einsatzfelder sprechen, ohne „KI“ zu sagen, aber aufgrund der KInflation nervt das.
Alle reden über KI, aber die Auswirkungen innerhalb der nächsten ca. 5 Jahre (unter der Annahme, dass in diesem Zeitraum eine KI entwickelt wird, die die Bezeichnung AGI wirklich verdient) hat trotzdem kaum jemand auf dem Schirm – von Massenarbeitslosigkeit vor allem bei Berufseinsteigern über Zusammenbruch diverser Märkte bis hin zu „digitalem Feudalismus“ und einer möglichen existenziellen Katastrophe (Kontrollverlust).
Allerdings kippt die Stimmung in den Berichten gerade jetzt merklich ….. Weniger in Fachmedien als vielmehr bei Spiegel und Co, wo in Interviews dystopische Warnungen ausgestoßen werden. Der Roll-out der Google AI Overviews löste in den vergangenen Wochen regelrechte Trauerreden in Verlagskreisen aus. Daher – die erste Euphorie ist merklich verflogen, auch im Jobmarkt.
Bei allen Chancen der KI finde ich die Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material beim Training der Modelle problematisch, und dass es dauert bis da Regelungen gefunden werden, die ersten Urteile lassen auch nicht viel hoffen. Zudem stört die für Nutzer nicht zu vermeidende Integration in Software. Das verstärkt meine Abneigung bei der „nächsten großen Ankündigung“
Der alte Wunschtraum der Menschheit „Andere arbeiten für mich“ ist mit der KI neu aufgelebt. Viele glauben, KI würde menschliche Arbeit ersetzen. Das wird genauso wenig klappen, wie es bisher geklappt hat! Wo es zu intensiv versucht wurde (z.T. in der Werbung), hat es schon zurückgeschlagen, weil die Resultate unterirdisch und kundenfeindlich waren. Und selbst wenn menschliche Arbeitsplätze im Moment entbehrlich sind, werden bald neue gebraucht für Leute, die die KI bändigen, im Zaum halten und steuern. Meiner Ansicht nach ist KI kein wirklicher Fortschritt.
Die meisten Verlage sehen noch nicht einmal was da auf sie zurollt… Meistens Redaktionsgetrieben wird mehr über den AI Act diskutiert und die Für und Wider.. typisch Verlage halt… und dann… schwups zu spät… es ist nicht mehr die Frage ob wir KI einsetzen sondern wie wir das schnellstens einsetzen!
Eigentlich schwanke ich zwischen Antwort 1 und 2 – aber wenn ich dann sehe, wie wenig wirklich intelligente Lösungen KI in der Buchbranche bisher hervorgebracht hat, wähle ich dann doch 1.
Es gibt täglich eine endlose Flut an Nachrichten zum Thema KI; da muss man beim Lesen schon sehr sorgfältig vorgehen, was für einen relevant ist. Ich denke diese KI Fatigue geht damit einher, dass man zunächst einmal aus FOMO heraus alles gelesen hat oder sich überall informiert hat. Im Unternehmen haben wir mittlerweile festgestellt: Lasst uns die Informationen doch channeln und bündeln – einige „Experten“ sortieren bereits vor und versorgen dich mit Infos, es müssen nicht X Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen „gleichzeitig“ News lesen
Ganz ehrlich, ich hätte auch bei „Ist mir zu viel“ den Punkt setzen können. Mit bald 59 Jahren ertappe ich mich bei dem Gedanken „das will ich mir nicht mehr antun“. Nur finde ich, dass es ein so immens wichtiges Thema ist, dass man es kaum genug beschreiben, diskutieren, ausprobieren, in die Praxis einbeziehen kann.
Horrorszenarien, die manchmal medial erzeugt werden, nerven. Aber über die vielen Entwicklungen up to date bleiben, das ist wichtig, egal ob als Privatperson oder im geschäftlichen Umfeld. Ihre Webinare leisten da einen wichtigen Beitrag, danke dafür!
Ich bin zwiegespalten: Einerseits ein spannendes Thema, andererseits beschleicht mich oft das Gefühl, dass mit KI nach Crypto und NFTs die nächste virtuelle Sau durchs Dorf getrieben wird. Aber das ist natürlich nur meine private Meinung. 😉
Ich habe das Gefühl, ich renne hinterher – es ist ja nicht so, dass ich nicht auch was anderes zu tun hätte …
Ich kann verstehen, dass dieses Thema gerade Leuten auf die Nerven geht, die sich nicht wirklich und nicht wirklich tief damit beschäftigen. Das ist aber fahrlässig. Wir reden hier nicht von einer Nischentechnologie, sondern von einer kompletten neuen digitalen Infrastruktur, die jeden Bereich, der digital ist, betrifft und viele Bereiche, die heute noch nicht digital sind, ebenso. Also, man kann darüber genervt sein, aber will man in dieser Welt leben und arbeiten kommt man nicht drum herum.
Immer spannend sind neue KI-Tools im Test und der jeweilige Anwendungszweck (gerne häufiger als bisher). Prompting-Tipps kann man auch nie genug bekommen
Insbesondere im Bereich Wissenschaft/Schule ist die richtige Anwendung von KI ein essentielles Thema. Es braucht Tool-Kenntnis, User-Erfahrung, Ausbildung. Und jede Menge Information. Allerdings wäre es auch gut, sehr deutlich genau über die Dinge zu reden, die KI nicht darf, nicht soll oder nicht kann – und deutlich zu machen, wo und wie man sie gezielt und rechtssicher und auch gewinnbringend einsetzen kann.
Ja, es gibt extrem viele Podcast, Newsletter, etc. zu dem Thema. Ich habe ziemlich früh für mich sortiert und ausgesucht. Eine neue Informationsquelle hätte jetzt wohl keine Chance. Und auch — ich gebe nicht viel auf die vielen Tools, die im Wesentlichen auf die großen LLMs aufsetzen. Ich nenne vieles davon „betreutes Promting“. Stattdessen sollte man sich mit Grundlagen wie RAG auseinander setzen und auch selbst Scripten lernen, um kleine Anwendungen selbst zu bauen.
KI ist fraglos relevant und wird vieles ändern, aber auch ein ganz klarer Hype, bei dem oft von der Technologie ausgegangen wird, ohne die Value Proposition für den Menschen oder die Umwelt zu berücksichtigen.
KI ist natürlich relevant und wir informieren uns hier auch ganz gezielt in unseren Fachbereichen als Verlag. Das ist wichtig und wird auch umgesetzt. Was mich eher stört ist die Berichterstattung in den Publikums-Medien, in denen KI wahlweise als »Allerweltsheilmittel« oder dann im Gegenteil als »Angstmacher-Thema« dargestellt wird. Da schreiben sich grade viele Laien und Pseudo-Experten die Finger wund, frei nach dem Motto »Ich mach was mit KI« 😉
KI verändert zwar unsere Arbeit. Und auch grundlegend. Aber sie ist kein Ersatz für unser eigenes Tool zwischen den Ohren. Und KI-generierte Bilder, die die Realität faken, finde ich schrecklich.
Meiner Ansicht nach ist die Gesellschaft noch nicht bereit für den Umgang mit KI…
Nur weil ich einen Overload bei einem Thema habe, welches wichtig ist, darf es mich nicht nerven.
Relevant wird es erst, wenn sich die Fatigue bei Führungskräften einstellt. Der „Hype“ wird am Leben gehalten, weil sich damit Ressourcen mobilisieren lassen. Weil in der Medienkrise bislang nichts Besseres greifbar ist, geht es so weiter. Tatsächlich „liefern“ KI-Lösungen ja an der ein oder anderen Stelle und funktionieren im Realbetrieb. Deshalb meine Antwort: „passt schon“.
Sich ohne Informationen und Wissen im KI-Orbit zu bewegen ist m.E. wenig zielführend. Es braucht eine Balance zwischen Theorie und Praxis. Er hilft mir nicht, mich nur mit theoretischem Wissen vollzustopfen, wenn ich KI nicht anwende. Andererseits ist es fahrlässig, mit ChatGPT und Konsorten zu prompten, ohne zu verstehen, was da im Hintergrund abgeht, was KI leisten kann und was nicht. Aber letztendlich bestimme ich selbst, wieviel Information ich mir reinziehe.
Super wichtig, macht Spaß, fordert immer wieder zum Nachdenken heraus und hat so viele Auswirkungen, nicht nur auf die Branche, sondern auch auf unsere Gesellschaft, da können wir nicht den Kopf und den Sand stecken.
Viel ermüdender als das Reden und Schreiben über KI finde ich die allgegenwärtigen, mediokren KI-Bilder und -Texte, denen man im Netz nirgends mehr entkommt (außer in der Wikipedia).
Viel zu großer Hype um generative KI, besonders im Arbeitsalltag erfüllen sich Erwartungen an LLM nicht. Hype wird durch die US-Techfirmen befeuert, weil sie das Wettrüsten um Marktbeherrschung gewinnen wollen. (The winner takes it all, Monopol, erhöhte Preise. „Raubtierkapitalismus“) -Generative KI (LLM) macht viel Versprechungen, die aber nicht erfüllt werden; auch nicht in der Zukunft, auch nicht mit mehr Rechenpower. Platzt die Blase vorher?